Mit Changemanagement in die digitale Welt

Digitale Tools  |  25/02/2018

Was ist eigentlich Changemanagement? Und warum solltest du davon einmal gehört haben oder dich sogar damit beschäftigen? Weil du dann die Veränderungen in der Eventbranche viel besser verstehst. Und hoffentlich auch besser mitgestalten kannst. Los geht’s:

Mit Changemanagement nimmst du deine Mitmenschen mit

„Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen.“

Warum kommt die Digitalisierung in der Eventbranche so schleppend voran? Andere Branchen scheinen da schon viel weiter zu sein.  Überleg mal, wie lange es digitale Angebote schon gibt.

  • Bereits 1995 (!) wurde das erste Buch über amazon in den USA verkauft und nur kurze Zeit später gab es den Online Händler auch in Deutschland.
  • Eine Webseite unterhält HRS übrigens bereits seit 1996.
  • Seit 1998 gibt es Google, seit 2004 Facebook und seit 2007 Dropbox
  • Weitere Online Dienste wie Online Banking, Online Bahnbuchungen etc. gehören für viele von uns schon seit Jahren zum Alltag.

Doch in der klassischen Hotel- und Eventbranche sind Prozesse MICEstens noch analog. Abgesehen von Ausnahmen wie Online-Registrierungstools für Teilnehmer oder bargeldlosem Bezahlen auf Events. Wie ist das zu erklären?

Die Veränderungsformel

Werfen wir zunächst einen Blick auf Changemanagement im Allgemeinen. Eine bekannte Veränderungsformel von Beckhard und Harris lautet:

V = f(UxZxW)>K

  • V = Ausmaß der Veränderungsmotivation
  • U = Unzufriedenheit mit dem gegenwärtigen Zustand
  • Z = Attraktivität des Zielzustandes
  • W = Praktikabilität des Weges
  • K = Kosten der Veränderung

Mit anderen Worten: Wie sehr Menschen und Organisationen bereit sind, etwas zu verändern hängt davon ab,

  • wie unzufrieden sie mit der jetzigen Situation sind,
  • ob sie ein attraktives Ziel sehen,
  • eine Vorstellung davon haben wie sie den Weg der Veränderung gehen können
  • und wie hoch die voraussichtlichen Kosten der Veränderung eingeschätzt werden.

Sie zeigt ebenso: Sobald einer der Faktoren U, Z oder W gleich null ist, ist das Produkt, die Veränderungsmotivation, ebenfalls null. Außerdem zeigt sie, sobald die Kosten K sehr hoch sind, hat die Veränderungsmotivation V ebenfalls verloren.

Nutze die Veränderungsformel für dein Changemanagement

Die Veränderungsformel mag sehr theoretisch erscheinen. Allerdings ist sie ein sehr nützliches Modell, um Veränderungsprozesse strukturiert zu reflektieren. Beispielsweise die Digitalisierung in der Hotel- und Eventbranche.

So kannst du jeden Aspekt einzeln betrachten. Statt den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr zu sehen.

Es ist beispielsweise dann hilfreich, wenn die Beteiligten zwar ein Problem erkennen (“wir sollten digitale Prozesse einführen”) und sich auch vorstellen können, was erreicht werden soll, aber nicht wissen, wie sie dies realisieren könnten.

Wichtig im Zusammenhang mit Changemanagement ist es, dass du den Aspekt der Kosten verstehst. Hierzu zählen

  • Sachkosten
    z. B. Kosten für IT-Tools
  • ebenso wie persönliche und emotionale Kosten
    z. B. Unsicherheit, was aus der eigenen Position wird, Machtverlust, Statusverlust, Angst

In der Regel machen sowohl Führungskräfte als auch Mitarbeiter sehr schnell und intuitiv eine eigene Kostenrechnung auf, um abzuschätzen, was dies für sie bedeutet.

Wenn du dich fragst, warum die Hotel- oder die Eventbranche noch nicht “komplett” digitalisiert ist, kann sich die einzelnen Faktoren der Veränderungsformel einmal genauer anschauen.

U = Unzufriedenheit mit dem gegenwärtigen Zustand

Wie unzufrieden sind die Beteiligten und wer genau ist überhaupt beteiligt? Zur heterogenen Gruppe der Beteiligten zählen u. a.

  • Veranstalter,
  • Agenturen,
  • Teilnehmer,
  • Sponsoren,
  • Hotels,
  • Locations,
  • Technikanbieter,
  • Caterer,
  • Fotografen,
  • Referenten,
  • Security,
  • Hostessen etc.

Innerhalb dieser Gruppen gibt es nochmals sehr unterschiedliche Menschentypen. Diese wiederum haben einen ganz unterschiedlichen (Un-)Zufriedenheitsgrad. Sind Teilnehmer mit einem Offline-Buchungsweg zufrieden? Oder haben Veranstalter bzw. Agenturen ausreichend Personal, um diese zeitaufwendige Buchungsmethode durchzuführen? Dann ist U offensichtlich nicht groß genug. Und dann wird’s auch schwierig mit deinem Changemanagement.

Doch Achtung! Nicht alle Beteiligten artikulieren ihre Unzufriedenheit. Manchmal reicht es, wenn ein Anbieter ins Spiel kommt, der die Bedürfnisse besser verstanden hat.

  • Netflix did not kill Blockbuster. Ridiculous late fees did.
  • Uber did not kill the taxi business. Limited taxi access and fare control did.
  • Apple did not kill the music industry. Being forced to buy full-length albums did.
  • Airbnb did not kill the hotel industry. Limited availability and pricing options did.
  • Amazon did not kill other retailers. Bad customer service and experience did.

Auch das macht Changemanagement so tricky.

Z = Attraktivität des Zielzustandes

Können die Beteiligten sich ein attraktives Ziel vorstellen? Nur dann kann die Veränderung, also Changemanagement, erfolgreich sein.

Vorteile beim Einsatz von Artificial Intelligence (AI, Künstliche Intelligenz) können beispielsweise sein:

  • Warteschlangen reduzieren
  • Sicherheit bei Veranstaltungen verbessern
  • Marketingmöglichkeiten für große Veranstaltungen steigern/ausschöpfen
  • Kundenservice erhöhen bei gleichzeitig reduzierten Kosten für temporäres Personal

Sind diese für die beteiligten Eventplaner attraktive Ziele? Oder wollen Eventplaner lieber mit anderen Menschen im direkten Austausch ihre Veranstaltungen organisieren? Per Telefon, per E-Mail und persönlich? Ist aus Sicht der Beteiligten ein persönlich betreuter Check-in bei Veranstaltungen attraktiver als einer mithilfe von digitalen Tools?

 

W = Praktikabilität des Weges

Auch der Weg hin zu digitalen Prozessen und Diensten muss für die Beteiligten als machbar angesehen werden. Nur dann kann Changemanagement erfolgreich sein. Doch leider gibt es auch hier viel Unsicherheit und Unwissenheit.

Beispielsweise lassen die entsprechenden Aus- und Weiterbildungsangebote auf sich warten. So haben Führungskräfte und Mitarbeiter kaum die Chance, sich das nötige Know-how anzueignen. Während – wie eingangs erwähnt – in vielen Branchen digitale Dienste und Anbieter seit vielen Jahren gibt, kommen die Angebote für die Hotel- und die Eventbranche nur langsam auf den Markt.

Die Deutsche Hotelakademie bietet ein Fernstudium zum E-Commerce Manager sowie ein Fernstudium zum Revenue Manager an. In der MICE-Branche sieht es da noch düsterer aus. Immerhin bietet der Deutsche Fachverlag mit seinem Online Portal tagungsplaner.de eine Web-Seminarreihe zum Thema “Kreatives Pricing und Produktmanagement für Tagungshotels und Locations für MICE 4.0” an. Empfehlen kann ich dir mittlerweile die Weiterbildung an der FHWS „Experte Web-Commerce“.

Eine Ausbildung zum E-Commerce Manager für Locations konnte ich bislang nicht finden. Dabei gibt es in Deutschland laut jüngstem Meeting- und Eventbarometer 7.208 Veranstaltungszentren, Tagungshotels und Eventlocations mit jeweils mindestens 100 Sitzplätzen im größten Saal.

Allerdings haben Eventlocations die Notwendigkeit der Digitalisierung erkannt. MeetingMarket by Expedia und das Locationportal fiylo® und haben eine Lösung zum Direktbuchen von Eventräumen und Off-Locations entwickelt. Und die ersten 100 Eventlocations haben in den letzten Tagen den Zugang zum System von fiylo® angefordert und bereits größtenteils ihre Räume und Preise online eingespielt. Einzelne Anbieter gehen den direkten Weg, so z. B. das Berliner Tagungszentrum Axica.

K = Kosten der Veränderung

Zu den Sachkosten der Veränderung zählen neben den Kosten für IT-Tools oder der Personalaufwand für das Überprüfen der zu digitalisierenden Prozesse auch finanziellen Verluste.

Wie bereits erwähnt, ließe sich der Check-In bei Veranstaltungen über digitale Dienste abwickeln. Doch daran werden weder die etablierten Hostessenagenturen interessiert sein. Noch die Event- oder Kongressagenturen, welche die Hostessen an ihre Auftraggeber weiterverkaufen können. Dabei wäre es jetzt ratsam über neue Geschäftsmodelle nachzudenken.

Welche Leistungen könnten diese Agenturen stattdessen entwickeln und verkaufen? Matching-Apps oder Self-Check-Ins? Und wie ließen sich diese Angebote finanzieren? Sind dies möglicherweise neue Sponsoringmöglichkeiten für die Pharmaindustrie? Oder ließe sich die gewonnene Zeit für neue Beratungsangebote für auftraggebende Verbände und Vereine nutzen?

Wenn die etablierten Branchenriesen, weltweite Hotelketten wie auch Agenturkonzerne, ihre Dienstleistungen und Prozesse nicht digitalisieren, ist es nur eine Frage der Zeit bis ein Start-up kommt und den Etablierten vormacht, wie es geht.

 

„Wer nicht weiß, wohin er will, darf sich nicht wundern, wenn er woanders ankommt!“ (Mark Twain)

 

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