Digitalisierung – Fluch oder Segen?

Digitale Tools  |  15/07/2019

Ist die Digitalisierung nun Fluch oder Segen? Wenn du diesen Blog verfolgst, weißt du, dass ich ein großer Fan von digitalen Tools und Möglichkeiten bin. Erst kürzlich habe ich privat Revue passieren lassen, in welchen Bereichen meines Lebens ich selbst von “der Digitalisierung” profitiere. Die meisten Dinge davon kennst du sicherlich auch. Dank Digitalisierung kann ich

  • mit der Familie, Freunden und Bekannten viel schneller, günstiger und umfangreicher kommunizieren – also auch mit Bildern oder Videos
  • mich in neuen Gegenden zurechtfinden – sei es auf einer Dienstreise, im Urlaub oder nach einem Umzug
  • Cafés, Ferienwohnungen, Hotels & Co. finden, auf die ich offline nie aufmerksam geworden wäre
  • Informationen für nahezu alle Lebensbereiche recherchieren, sei es die nächste Bahnfahrt, ein Kochrezept, wie Balkonblumen ohne Gießen überleben oder mich weiterbilden
  • Online einkaufen, denn längst gibt es nicht alles im Handel vor Ort
  • diesen Blog hier für dich betreiben
  • und vieles, vieles mehr.

Einiges davon könnte ich auch offline umsetzen. Anderes gäbe es schlichtweg nicht. Und über den Sinn und Nutzen einzelner Anwendungen wie z.B. der Sozialen Medien, könnten wir uns hervorragend streiten. Für mich persönlich überwiegt der Nutzen der Digitalisierung. Darüber hinaus gibt es viele nutzenstiftende Anwendungen für die MICE-Branche und weltweit, selbst in Afrika.  Doch wie sieht es mit den Kosten aus?

Digitalisierung – Fluch oder Segen?
Digitalisierung – Fluch oder Segen?

Stromverbrauch

Wäre das Internet ein Land, dann hätte es den sechstgrößten Stromverbrauch auf unserem Planeten. Um diesen enormen Verbrauch rechtfertigen zu können, brauchen wir sinnvolle Anwendungen und nachhaltig erzeugten Strom. Nur wenn es andere Sektoren gibt, in denen wir dann weniger Strom verbrauchen, ist so ein enormer Energieverbrauch gerechtfertigt. Steigt der Energiebedarf überall, haben wir in diesem Bereich dank der Digitalisierung nicht wirklich etwas gewonnen.

Umweltschäden

All die Rechner und Rechenzentren verbrauchen enorme Mengen an Ressourcen, also Rohstoffen. Nur ein Beispiel ist die Gewinnung von Lithium für Batterien – für unsere Rechner ebenso wie für E-Autos.

Die Atacama-Wüste zählt zu den trockensten Gebieten der Erde. Dort gibt es alle 5 bis 20 Jahre eine Niederschlagsmenge von 1 mm. Unvorstellbar wenig. Und dennoch pumpen wir das Grundwasser dort nach oben, damit es verdunstet und Lithium aus dem Boden gewonnen werden kann.  21 Mio. Liter Grundwasser täglich!

Kinderarbeit in Minen

Weitere Rohstoffe werden oftmals in den ärmeren Ländern und durch Kinderarbeit gewonnen. Mit bloßen Händen schürfen Kinder in Afrika nach den Rohstoffen für unsere Smartphones & Co.

Beispielsweise wird Kobalt für die Produktion von Smartphone- und Tablet-Akkus gebraucht. Das Mineral wird vorwiegend im Kongo geschürft, von Kindern und unter lebensgefährlichen Bedingungen.

Elektroschrott

Außerdem leben unsere digitalen Helfer immer kürzer und verursachen riesige Mengen an Elektroschrott. Wir Deutschen steuern 22,8 Kilo pro Kopf und Jahr bei. Damit liegen wir in dieser Statistik weit vor den Chinesen (5,2 kg/Kopf) oder den Amerikanern (19,4 kg/Kopf).

Diesen Elektroschrott exportieren wir wiederum nach Afrika, wo er von Kindern unter unmenschlichen Bedingungen nach Wiederverwertbarem sortiert wird.

Kurzsichtigkeit in der Generation Smombie

Smombie setzt sich zusammen aus „Smartphone“ und „Zombie“. Damit sind  Menschen gemeint, die durch den ständigen Blick auf ihr Smartphone so stark abgelenkt sind, dass sie ihre Umgebung kaum noch wahrnehmen. Mit all den negativen Folgen für ihre soziale Empathie und Kompatibilität. Darüber hinaus ist der ständige Blick aufs Smartphone schlecht für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Wenig Tageslicht und die ständige Fokussierung auf Nahsicht sorgen für immer mehr Kurzsichtigkeit.

Zu viel Zeit am Smartphone verursacht Kurzsichtigkeit – vor allem bei Kindern
Zu viel Zeit am Smartphone verursacht Kurzsichtigkeit – vor allem bei Kindern

Datenexplosion

Wir sammeln Daten, statt sie wirklich zu nutzen. Speichern von Daten wird immer billiger. Deshalb horten wir, was das Zeug hält. Ein Grund dafür ist auch das Mooresche Gesetz, nach dem sich rund alle zwei Jahre die Leistung von Prozessoren verdoppelt.

Ich nehme mich da selbst nicht aus. Es ist für mich persönlich ökonomischer alle Fotodateien zu speichern statt stundenlang die misslungenen Daten auszusortieren.

Folglich brauchen wir immer größere Rechenzentren – mit den zuvor beschriebenen Folgen für den Ressourcenverbrauch.

Und wir reisen dennoch

Obwohl wir heute viel leichter, schneller und effizienter mit Hilfe von digitalen Tools kommunizieren können, lassen wir diese Potenziale noch viel zu häufig ungenutzt. 8,3 Mrd. Euro könnten Unternehmen sparen, so das IW Köln.

Und so steigen wir trotz oder wegen der Digitalisierung viel häufiger in den Flieger, in die Bahn oder das Auto. Zwischen 2004 und 2017 stieg die Zahl der Geschäftsreisen deutscher Unternehmen von 146 auf 188 Millionen. Wäre Fliegen teurer und würde die externen Kosten dieser Mobilität einschließen, lohnten sich auch digitale Kommunikationsmittel mehr. Doch so lange es noch so günstig ist durch Deutschland oder Europa zu jetten, verzichten wir auf Skype & Co. Außerdem ist ein echtes Meeting eben doch noch authentischer und vertrauensbildender als ein virtuelles.

Verkehrszunahme trotz oder wegen der Digitalisierung
Verkehrszunahme trotz oder wegen der Digitalisierung

Arbeiten 4.0

Wie schon beim Reisen, könnten wir auch die Vorteile der Digitalisierung in der Arbeitswelt nutzen. Ca. 60% der Arbeitgeber gewähren ihren Mitarbeitern kein Home Office. Und bei knapp 25% gibt’s das nur in Ausnahmefällen.

Wir könnten die Potenziale wie höhere Produktivität und geringere Fehlzeiten nutzen, lassen sie allerdings auch hier wie bei den Dienstreisen noch häufig ungenutzt.

Sicher ist sicher: Wir drucken alles aus

Ob wir nun digitalen Tools nicht trauen, weil sie aus den USA kommen oder ob wir uns immer noch nicht umgewöhnt haben. Gerade in Deutschland drucken wir doch vieles lieber noch einmal aus. Ganz egal, wie viele User in ihrer E-Mail-Signatur zum Gegenteil aufrufen. 250 kg Papier verbrauchen wir Deutschen und liegen damit wieder einmal weit vor anderen Ländern.

Allein die Bundesregierung verbraucht 148 Millionen Blatt Papier pro Jahr. Und in vielen Ämtern werden E-Mails ausgedruckt, mit Stempeln und Kommentaren versehen und anschließend wieder eingescannt.

Trotz Digitalisierung drucken wir E-Mails aus
Trotz Digitalisierung drucken wir E-Mails aus

Mir ist übrigens bewusst, dass wir gedruckte Informationen besser wahrnehmen und verstehen als online präsentierte Texte.

Der gläserne Mensch

Wie durchsichtig wollen wir sein? In welchen Bereichen unseres Lebens wollen wir unser Handeln durch Algorithmen bestimmen lassen? Was mit personalisierter Werbung beginnt, kann in totaler Überwachung enden. In Asien „sind wir da bereits ein Stückchen weiter“. In Europa bremsen Organisationen wie „die EU“ und Gesetze wie die DSGVO solche Entwicklungen noch stark aus.

Wie viel davon ist sinnvoll und was ist übertrieben? Soll der Schrittzähler dem Kühlschrank melden, ob ich heute noch ein Glas Wein oder Bier trinken darf? Wird meine Krankenkasse informiert, wenn ich mir nicht ausreichend die Zähne putze oder joggen gehe? Der Grat zwischen Nutzen von digitalen Tools und Überwachung ist schmal. Und über den ethischen Einsatz von KI diskutieren wir noch viel zu selten.

[bctt tweet=“#digitalisierung Wird meine Krankenkasse informiert, wenn ich mir nicht ausreichend die Zähne putze oder joggen gehe? Der Grat zwischen Nutzen von digitalen Tools und Überwachung ist schmal. “ username=“KatrinTae“]

Der gläserne Mensch dank Digitalisierung
Der gläserne Mensch dank Digitalisierung

Fazit: Digitalisierung – Fluch oder Segen?

Wie so oft im Leben kommt es darauf an, wie wir die Rohstoffe für unsere digitalen Tools gewinnen und wie wir diese Tools dann einsetzen. Wofür und in welcher Intensität. Wir können noch viel mehr auf das Potenzial digitaler Services setzen und die Herausforderungen der heutigen Zeit lösen. Oder wir nutzen die tragbaren Hochleistungsrechner in unserer Hosentasche für Small Talk und Netflix. Es liegt an uns, was wir aus “der Digitalisierung” machen.

[bctt tweet=“#eventprofs Ist die Digitalisierung ein großer Segen oder ein furchtbarer Fluch? Ich habe mal ein paar Kosten zusammengetragen. >>> “ username=“KatrinTae“]

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