Event-Management ist kein Zuckerschlecken. 1.000 Aufgaben, Deadlines und Wünsche von Sponsor·innen, Auftraggeber·innen, rechtliche Auflagen und vieles mehr wollen beachtet werden. Doch denkst du bei all dem Trubel und der Hektik wirklich an deine Teilnehmenden? Es heißt ja, man solle Personas bilden und aus Sicht aller Stakeholder·innen das Event betrachten. Gern auch mit der Canvas-Methode. Aber machst du das wirklich? Ich hab dir mal heute ein paar Praxisbeispiele zum Nachdenken mitgebracht. Welche, die ich als Teilnehmerin selbst erlebt habe. Und die mich manchmal rätselnd zurückgelassen haben.
PS: Gleich vorneweg. Die meisten Events und Veranstalter·innen machen viel richtig. Aber eben doch nicht alles.

Setz' die Teilnehmenden-Brille auf und erlebe dein Event aus deren Sicht
Und das sind reale Erlebnisse:
1) Die wartende Kongressteilnehmerin
Was lief schief: Ich war auf einem Fachkongress. Konkret: This is Marketing. Und musst warten. Sehr lange warten. Nicht beim Einlass, nein. Ich musste warten bis die erste Keynote endlich begann. Laut Veranstalter hätte man um 7:45 Uhr da sein sollen. Ich war jedoch erst um 9:15 Uhr da. Für die Keynote ab 9:30. Die dann aber erst NACH 10:00 Uhr begann. Was für ein respektloser Umgang mit der Zeit der Teilnehmenden. Und das war leider kein Einzelfall. Sowohl 2023 als auch 2024 gab es erhebliche Programmverspätungen zu Beginn des Events.
Besser: Kommuniziere den exakten Beginn deines Events und halte dich daran. Beginne notfalls mit einem Ersatz-Programmpunkt. Egal was. Lass die Leute nicht sinnlos warten. Und vor allem: Kommuniziere proaktiv, wieso, warum, weshalb und wann es weitergeht.
2) Die verdurstende Konzertgängerin
Was lief schief: Ich war auf einem Konzert. Konkret: Am 7. und 9. Juli 203 in der Berliner Waldbühne. Es war mega heiß. Weit über 30 Grad. Und in der Waldbühne zunächst weit und breit kein Schatten. Das galt für ca. 85% der Besucher·innen. Und da hätte ich gern etwas getrunken und vor Ort gekauft. Denn mitnehmen darf man ja nix mehr. Aber die mobilen Verkäufer·innen, die durch die Reihen und Ränge gingen, hatten ausschließlich Bier dabei. Kein Wasser, kein Softdrink. Das ist gesundheitsgefährdend und ein Wunder, dass da nicht mehr passiert ist.
Besser: Statte alle Getränkestationen, auch die mobilen, mit ausreichen alkoholfreien Alternativen aus. Es ist im Sinne der Gesundheit deiner Teilnehmenden. Hinterfrage das also auch bei deinen Dienstleistenden.
3) Die mit VIP-Ticket wartende Konzertgängerin
Was lief schief: Ich habe mir ein Online-Ticket für den schnelleren Einlass für ein anderes Konzert gekauft. Wurde extra als "schnelles und komfortables" Ticket ausgewiesen und angepriesen. Doch vor Ort mussten sich alle 2 Schlangen stellen und jene mit dem Online-Ticket hatten keinerlei Vorteil davon. Im Gegenteil. Beim Check-In mussten sie sich noch auf einer Papierliste (!) abhaken lassen und erhielten erst dann ein Armbändchen.
Besser: Wenn schon Online- oder VIP-Ticket, dann mit komplett digitalisiertem Prozess und mit echtem Vorteil. Sonst braucht das kein Mensch.
4) Die auf überfüllten Wegen laufende Läuferin
Was lief schief: Halbmarathon entlang der Elbe. Schöne Strecke, aber recht schmaler Weg für so viele angemeldete Läufer·innen. Rechts die Elbe, links eine hohe Steinmauer. Ausweichmöglichkeiten gibt es also nicht. Ergebnis: Es staut sich – über viele Kilometer hinweg. Die Masse läuft ganz dicht aufeinander – Zentimeter an Zentimeter. So dicht, dass niemand straucheln darf. Und dass niemand dem Vorgänger in die Hacken laufen darf. Ein Wunder, dass hier nichts passiert ist.
Besser: Die Läufer·innen in verschiedene Startblöcke einteilen. Wenn zwei nicht reichen, dann eben drei oder vier oder fünf. Und dazwischen einige Minuten Pause lassen, so dass es sich wirklich entzerren kann.
5) Die in der Garderobe feststeckende Konzertgängerin
Was lief schief: Konzert in der Berliner "Uber Arena". Winter. Ich will meine Jacke wieder abholen. Doch der Weg zur Garderobe, den ich zuvor direkt gehen konnte, hat sich geändert. Man muss einen Umweg laufen. Der nicht ausgeschildert ist. So kommt es, dass die Hälfte der Personen den "alten" Weg direkt nimmt und die andere Hälfte den "neuen" Weg. Ergebnis: Stau vor der Garderobe und ein Geschiebe von Menschen, die alle nicht wissen, wo es jetzt lang geht.
Besser: Lenke mit Tensatoren von Anfang an die Menschenmassen. Auch wenn die Garderobe o.ä. am Anfang noch leer sein sollte. Schildere alles gut aus und stelle - wenn nötig - Personal an die kritischen Stellen zum Lenken und Fragen beantworten.
6) Die abrupt stehenbleibende Sportlerin
Was lief schief: Halbmarathon Nürnberg. 21,1 Kilometer laufen. Bei heißen 32 Grad. Und wer schon mal so weit und bei solchen Temperaturen gelaufen ist, weiß, da schiesst der Puls in die Höhe. Bei fast jedem und jeder. Umso fataler ist es, wenn man so wie ich direkt hinter der Ziellinie mit einem Puls von 170 und mehr stehen bleiben muss, weil der Zielbereich rappelvoll ist. Viel zu klein geplant für die zuvor bekannte Menschenmenge – und deren Einlaufzeiten sind auch meist kein Geheimnis. Der Zielbereich war darüber hinaus so voll, dass ich an kein Getränk herankam und nur im Stop-and-Go-Tempo mich aus dem Bereich herausschlängeln konnte. Wohlgemerkt bei 32 Grad, praller Sonne und einem Puls von 170. Das ist gesundheitsgefährdend. Weiß jede·r Läufer·in oder Sportler·in.
Besser: Zielbereich in die Länge ziehen und mit Gittern oder Absperrbändern geschlängelte Wegelinien bilden, so dass man auf wenig Strecke viele Meter gehen muss. Ähnlich wie bei den Warteschlangen am Flughafen. Wer dann die Verpflegungsstationen ebenfalls in die Länge zieht, entzerrt die einlaufende Menschenmasse gezielt.
Fazit
Erlebe dein Event einmal wirklich aus Sicht deiner Teilnehmenden. Kauf' dir ein Ticket, stell dich hinten an. Lauf einen Teil der Strecke mit. Geh zu deinem Konzert als Besucher·in. Zumindest einmal. Und du erlebst Dinge, die sonst nur dein Publikum wahrnimmt.