Wie du bestimmt schon an der ein oder anderen Stelle gelesen hast, steht auch in meinem Wohnzimmer eine Alexa. Ganz ehrlich, ich würde „sie“ als nicht besonders intelligent bezeichnen. Eine häufige Antwort von „ihr“ lautet: „Entschuldigung, das habe ich nicht verstanden“ „Oder „Entschuldigung, dass weiß ich nicht.“ Außerdem liest sie die Antworten meist eh nur aus dem Internet ab. Na gut, Licht an- und ausschalten kann sie auch. Würdest du das als intelligent bezeichnen? Wohl eher nicht. Und damit ticken viele von uns so, wie es mein heutiger Interviewpartner, Professor Ziegler auch sagt. Egal ob Sprachassistent oder Chatbot – diese erscheinen uns heute als nicht allzu intelligent. Da ich jedoch glaube, dass Künstliche Intelligenz also auch Roboter wie Josy Pepper, ein Sprachassistent oder ein Chatbot früher oder später doch den Einzug in die Meetingbranche finden, soll es sich genau darum in diesem Blogbeitrag drehen.
Was zählt aus deiner Sicht alles zur Künstlichen Intelligenz?
Künstliche Intelligenz (KI) ist ein sehr breites Feld, zu dem eine ganze Menge gehört. Vom maschinellen Lernen hin zur Mustererkennung, Robotik oder auch logische Inferenzsystemen. Ohne jetzt zu weit ausholen zu wollen … Dabei deckt sich das, was man in der Forschung unter Künstlicher Intelligenz versteht nicht zwingend mit dem, was ein Mensch intuitiv damit verbindet. Sowohl ein Sprachassistent als auch ein Chatbot greifen an vielen Stellen auf Verfahren der Künstlichen Intelligenz zurück. Das beginnt bei der Wandlung von akustischen Signalen in Syntax, also in Buchstaben und Zeichen. Oder bei der Analyse der Satzstruktur. Zu guter Letzt bei der Semantik. Also wenn es darum geht, die Bedeutung eines Befehls zu erfassen. Wenn also ein Mensch beispielsweise etwas zu Alexa sagt oder einem Chatbot schreibt.
Das Problem ist, dass viele der genannten Applikationen, insbesondere ein Chatbot, dem menschlichen Benutzer heute als nicht allzu intelligent erscheinen. Das liegt z. B. daran, dass diese Sätze nicht erkennen. Und dass das Repertoire an erkannten Satzmustern oftmals dünn ist. Was dann zu Frustration führt. Dies hängt aber oftmals nicht damit zusammen, dass die Forschung und Technologie noch nicht ausgereift ist. Sondern das Bauen von Chatbots oder auch das Schreiben von Skills für Alexa & Co. massentauglich sein muss. Gleichzeitig verträgt sich diese Massentauglichkeit aber nicht mit dem Antrainieren eines guten Assistenten. Das erfordert viel Zeit, Domänenexpertise und Daten.
Puh, das klingt ja doch ganz schön komplex und noch weit weg vom Mainstream. Was davon beschäftigt denn euch momentan?
XING Events setzt Verfahren der Künstlichen Intelligenz ein, die insbesondere dem maschinellen Lernen zuzurechnen sind. Dabei sind diese für uns nie Selbstzweck. Sondern sie dienen dazu, das Leben des Teilnehmers und auch des Veranstalters zu verbessern und leichter zu machen. So setzen wir selbstlernende Empfehlungssysteme ein. Diese leiten aus den Interessen und dem Verhalten des Nutzers ab, welche Events ihm am besten gefallen. Und welche ihm deshalb empfohlen werden sollten. Oder aber, welche Teilnehmer eines gebuchten Events für ihn am relevantesten sind.
Außerdem entwickeln wir auf der B2B-Seite gerade ein Verfahren, welches aus den Teilnehmern eines Events automatisch die ideale Zielgruppendefinition für nächste Event ableitet. Genauer gesagt für das Targeting das nächste Event. Das kannst du dann direkt bei der Vermarktung deiner künftigen Veranstaltungen nutzen. Wir nennen diese auf XING ausspielbaren Kampagnen zur Gewinnung neuer Teilnehmer „self-driving campaigns“.
[bctt tweet=“#eventprofs Dank smarter Auswertungen deiner Teilnehmer kannst du bald das Targeting fürs nächste Event ableiten. Name dieser Kampagnen zur Gewinnung neuer Teilnehmer: „self-driving campaigns“ Verrät @caiziegler von @xingevents_gmbh #marketing #meetingprofs“ username=“KatrinTae“]
Außerdem entwickeln wir momentan verschiedene Tools, die dir als Veranstalter kontextspezifisch wertvolle Tipps geben. Diese helfen dir bei der Erstellung, Bewerbung und Vermarktung deines Events. Die Tipps basieren auf der Sammlung und Analyse anonymisierter Daten aus Tausenden von Events. Dazu gehören z.B. „Wann ist der beste Zeitpunkt für ein Early-Bird Ticket und in welcher Höhe?“. Wir geben dir als Veranstalter gewissermaßen das kollektive Wissen all der anderen Veranstalter.
Das klingt spannend und logisch. Sag mal, welches Potenzial siehst du denn für den Einsatz von KI?
Ein riesiges. Insbesondere im maschinellen Lernen. Die Menge der Daten, über die Unternehmen, Veranstalter und Personen verfügen, ist enorm. Und sie steigt geradezu exponentiell an. Diese Daten sind in ihrer Menge und rohen Reinform nahezu nicht nutzbar. Aber maschinelles Lernen kann daraus neues Wissen erschließen. Oder Gesetzmäßigkeiten erkennen und Regeln ermitteln. Wann funktioniert etwas und wann eben nicht? Wie eben die oben genannten Ableitungen, wann welche Ticketkategorie sinnvoll ist. Oder an welchem Tag du dein Event einstellen solltest und wann welche Botschaft versendet werden sollte.
Und was muss ich als Eventmanager tun, wenn ich KI auch für mein Event einsetzen möchte?
Künstliche Intelligenz einzusetzen erfordert zwei Dinge: Zum einen brauchst du die Verfahren, mit deren Hilfe die KI Ableitungen treffen kann. Zum anderen benötigst du auch die Daten an sich, mit denen diese Verfahren dann tatsächlich arbeiten können.
Hier hapert es oftmals: Anbieter von Eventmanagement-Lösungen, die KI-Verfahren nutzen, sind aktuell noch überschaubar in der Anzahl. Diejenigen, die dies bereits tun, sind dann allerdings nur von begrenztem Nutzen. Das liegt oft daran, dass du als Veranstalter die benötigen Daten oftmals nicht strukturiert und in ausreichender Menge vorliegen hast.
XING Events bietet beides: Unsere Systeme arbeiten unter der Haube mit KI-Technologie. Zum anderen bieten sie auch bereits wertvolle Daten aus dem XING-Netzwerk und aus den zahlreichen Veranstaltungen, die wir bereits durchgeführt haben. Natürlich aggregiert und darum anonymisiert.
Trotz der mageren Datenlage – sollte ich mich als Eventmanager bereits mit Voice-SEO beschäftigen?
Meines Erachtens ist es für Voice-SEO ganz allgemein noch zu früh. Insgesamt ist die Bandbreite der digitalen Instrumente, die du als Eventmanager bedienen kannst und solltest sehr groß. Mit anderen Worten: Anderen Themen solltest du bevor du an Voice SEO denkst, einen deutlichen Vortritt gewähren.
Im Übrigen gilt für Voice-SEO das Gleiche wie für SEO allgemein. Und wir wissen aus eigenen Studien und Analysen, dass Teilnehmer sehr selten allgemein nach Events auf Suchmaschinen suchen. Und somit auch in Sprachassistenten, die an diese weiterleiten. Anfragen à la „Marketing Events in München“ sind die Ausnahme. Konkrete Suchen, bei denen das Event schon genannt ist, z.B. „Online Marketing Rockstars“ hingegen eher der Regelfall. Man spricht hier auch von „navigational queries“. Tatsächlich informieren sich Benutzer am ehesten bei Freunden und Bekannten zu interessanten Events. Setze daher also auf „Mundpropaganda“ bei deiner digitalen Vermarktung statt dich mit Voice-SEO zu beschäftigen. Hier legen wir bei XING Events auch einen Schwerpunkt und machen uns den „Social Proof“ zunutze. Dieser hilft dem künftigen Teilnehmer, relevante Daten zu einem Event über seine Kontakte zu sammeln.
[bctt tweet=“#eventprofs Tatsächlich informieren sich Benutzer am ehesten bei Freunden und Bekannten zu interessanten Events. Setze daher also auf „Mundpropaganda“ bei deiner digitalen Vermarktung. #meetingprofs“ username=“KatrinTae“]
Wie bleibe ich am Ball bzw. wo erhalte ich mehr Informationen, wenn ich mich mit KI, Sprachassistenten, einem Chatbot und Voice-SEO auseinander setzen möchte?
Das ist eine sehr gute Frage! Es gibt viele gute Blogs und Podcasts (und leider noch viel mehr schlechte). Da es sich dabei auch ganz generell um Marketing-Themen handelt, empfehle ich den Online Marketing Rockstars Podcast. Der hat auch was von „German Engineering“ im Gegensatz zu vielen amerikanischen Pendants: Viel Substanz und guter Content statt toller Präsentation, Bravado und heißer Luft.
Und – wir sind hier auf einem Bog über digitale Tools: Welches ist dein Lieblingstool oder welches würdest du meinen Lesern empfehlen?
Das ist keine leichte Frage, denn die Zahl der Tools ist natürlich groß! Ganz allgemein verbringe ich viel Zeit in Evernote, da es mir hilft, meine Gedanken strukturiert und auffindbar zu Papier zu bringen. Im Kosmos der Eventtools bin ich ein großer Fan von Sli.do. Es ist so unglaublich einfach. Darüber hinaus kannst du als Eventmanager damit auf simple Art und Weise Engagement erzeugen und Polls umsetzen.
Über den Autor
Prof. Dr. Cai-Nicolas Ziegler ist CEO von XING Events, einer 100% Tochter von XING, dem führenden sozialen Netzwerk im deutschsprachigen Raum für Businesskontakte. Gleichzeitig ist er Professor an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg mit Schwerpunkt auf Künstlicher Intelligenz und Informationssysteme. Vor seiner Tätigkeit bei XING war er bei PAYBACK, dem führenden Loyalty-Programm in Europa, für die Online Product Management Abteilungen verantwortlich. Bei der Boston Consulting Group war er Strategieberater von 2008 bis 2011, zuletzt in der Rolle eines Project Leader. Herr Ziegler erwarb seinen Doktortitel und die Habilitation im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI), mit Fokus auf Empfehlungssysteme, maschinelles Lernen und Verarbeitung natürlicher Sprache.
Buchtipp: Thomas Ramge – „Mensch und Maschine – wie Künstliche Intelligenz und Roboter unser Leben verändern“*
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